Porto-Portugal
r 2016

Die Stadt Porto ist immer eine Reise wert.

Bilder vom September 2016




HÄTTE, WENN und ABER


Heute hätte ich im Kreise der Familie meinen 70. Geburtstag feiern können, aber stattdessen gehe ich zu Fuß auf dem Jacobsweg nach Santiago de Compostela. Das ist für mich eine gute Gelegenheit, die Jahre passieren zu lassen. Ich komme mit einem Mitpilger ins Gespräch und prompt stellt er die typische Frage: „Was hättest du früher anders gemacht, wenn du gewusst hättest, was heute ist?“

Dazu muss ich erst einmal überlegen, was heute ist. Es geht nicht darum, was ich habe, sondern was ich bin.


Im Leben stand ich auch vor weitreichenden Entscheidungen und klar ist, dass jede andere Entscheidung einen anderen Lebensverlauf nach sich gezogen hätte. Aber ob es ein besserer Weg geworden wäre? Es wäre ein anderer Weg geworden.


Ich kann offensichtliche Fehlentscheidungen bereuen, aber nicht mehr ändern. Vielleicht kann ich Folgen noch korrigieren, wenn mir heute eine bessere Lösung einfällt. Der Vergangenheit hinterherzuweinen, ist nicht gut. Die Worte HÄTTE und WENN streiche ich daher aus meinen Gedanken und entscheide mich einzig für JETZT.


Es gab Lebenskreuzungen, wo nicht ich entscheiden konnte, sondern - ja, wer denn? Manche nennen es Zufall oder Schicksal, der religiöse Mensch vielleicht Gott. Er hat mich auf die Welt kommen lassen, es hätte nicht meine katholische Mutter in Deutschland sein müssen. Eine Frau im indischen Slum oder in Aleppo in Syrien oder in einer europäischen Königsfamilie hätte auch meine Mutter sein können. Ganz ohne meine eigenen Entscheidungen wäre damit mein Leben total anders verlaufen. Aber wer weiß, wie es sich dann gestaltet hätte?


An der nächsten Wegkreuzung ist eine weitere Entscheidung fällig. Wenn ich rechts gehe, habe ich sicher die kürzere Strecke vor mir, aber links vor mir läuft eine Gruppe fröhlicher Menschen.